
Cover zum Glückshandbuch vom Kongress-Referenten Werner Tiki Küstenmacher
Wie würde es sein, wenn über 1000 Teilnehmer und mehr als 70 Referenten, Workshop-Leiter, Forumgeber und Open Space-Moderatoren 4 Tage lang ein brandheißes Thema bewegen? Mit dieser Frage fuhr ich vergangene Woche zum Kongress „Burnout und Resilienz“ der Akademie Heiligenfeld in Bad Kissingen, der bereits seit Monaten ausverkauft war.
Die Burnout-Thematik bewegt derzeit nicht nur unsere Medien. Mediziner, Heilpraktiker und Therapeuten, Ökonomen, Soziologen und Universitätsprofessoren, Politiker und Pastoren, und nicht zuletzt verantwortliche Unternehmer und Unternehmensberater beschäftigt das wachsende gesellschaftliche Phänomen, warum in einem Land sozialer Freiheit und Absicherung immer mehr intelligente und engagierte Menschen ihre Lebensenergie verlieren und ausbrennen?
Resilienz als Bewusstseinskompetenz, wie es im Untertitel der Veranstaltung hieß, könnte sowohl auf eine tiefer liegende Ursache deuten als auch eine zukunftsfähige Antwort sein. Auf die Frage, was Aspekte dieser Bewusstseinskompetenz sein könnten, gab der Kongress viele Impulse. Zwei Eindrücke haben mich dabei besonders bewegt:
Die Resilienz-Expertin Sylvia Kéré Wellensiek schloss ihren Vortrag mit einem Zitat von Etty Hillesum und bezog sich dabei auf einen lesenswerten Artikel von Mike Kauschke „Burnout, Resilienz und Transformation“ in der Zeitschrift evolve. Man hörte in ihrer Stimme die seelische Erschütterung und wie sie und ich waren viele Zuhörer im Saal zutiefst berührt von dem was Etty Hillesum aus dem Konzentrationslager geschrieben hatte: „Das Leben und das Sterben, das Leid und die Freude, die Blasen an meinen wundgelaufenen Füssen und der Jasmin hinterm Haus, die Verfolgungen, die zahllosen Grausamkeiten – all das ist in mir ein einziges starkes Ganzes, und ich beginne immer mehr zu begreifen, wie alles zusammenhängt, ohne es bisher jemanden erklären zu können.“
Wie ist es möglich, dass Menschen selbst unter den schrecklichsten physischen und psychischen Belastungen eine Liebe zum Leben als ein ungeteiltes Ganzes entdecken und darin eine innere Widerstandsfähigkeit finden, die über das gewöhnliche menschliche Vermögen hinausgeht? Es scheint in uns eine ureigene Resilienz-Kompetenz zu existieren, ganz unabhängig davon, dass es immer auch individuelle Schicksale sind, warum sich manchen von uns in extremen Situationen tiefere Kraftquellen erschließen und andere an den Herausforderungen zerbrechen.
Doch noch eine andere Art von Resilienzstärke bewegte mich, denn sie schien während des gesamten Kongresses immer hindurch: Die verbindende Qualität und wertschätzende Atmosphäre tiefer menschlicher Begegnungen. Die kollektive Kraftquelle sozialer Beziehungen ist im Gegensatz zur zunehmenden individuellen Vereinzelung und Entfremdung ein emotionales Grundbedürfnis von uns Menschen. So wäre zum Beispiel eine vertrauensbasierte Unternehmenskultur, die uns trägt, stärkt und fördert auch ein wichtiger Beitrag zur Burnout Prävention. Und deshalb freue ich mich schon auf den nächsten Heiligenfeld Kongress vom 11.-14. Juni 2015 mit dem Titel „Wir – Bewusstsein, Kommunikation und Kultur“, um speziell diese Dimension gemeinsam weiter zu erforschen.