Vor Konflikten nicht zurückscheuen
In meinem letzten Blogeintrag habe ich im Rahmen der 5 Aspekte, die für Frauen in Führungspositionen wichtig sind, auch über Konflikte und kreative Reibung gesprochen. Diesen Aspekt nannte ich „Vor Konflikten nicht zurückscheuen.“
Haben Sie sich auch schon einmal bei dem Wunsch ertappt, dass der bestehende Konflikt mit Ihrem/Ihren Kollegen einfach verschwinden sollte? Oder vielleicht haben Sie davon geträumt, wie schön es wäre, wenn in Ihrem Arbeitsumfeld nur Harmonie herrschen würde und wie effektiver die Arbeit dann wäre? Auch ich habe davon geträumt und es hat einiges an Entwicklung gekostet, um diesen Traum Realität werden zu lassen. Für Frauen in der Führung ist ein harmonischer Arbeitsplatz meiner Erfahrung nach ein stärkeres Bedürfnis als für Männer, deshalb möchte ich etwas näher auf Konflikte und unsere Haltung dazu eingehen.
Was ist ein Konflikt?
„Von einem Konflikt spricht man, wenn Interessen, Zielsetzungen oder Wertvorstellungen von Personen, gesellschaftlichen Gruppen, Organisationen oder Staaten miteinander unvereinbar sind oder unvereinbar erscheinen (Intergruppenkonflikt). Dabei lässt sich zwischen der Konfliktstruktur, den Konflikt begleitenden Gefühlen (z. B. Wut) und dem konkreten Konfliktverhalten (z. B. tätliche Aggression) unterscheiden.“ (Definition von Wikipedia)
Interessant – „unvereinbar sind oder unvereinbar scheinen“. Hier wird also zwischen der Vorstellung von Unvereinbarkeit und der tatsächlichen Unvereinbarkeit unterschieden. Wie finden wir heraus, ob etwas tatsächlich unvereinbar ist oder nur so erscheint? Und wenn es unvereinbar ist, was sind die Gründe dafür? Diese Fragen habe ich mir früher oft gestellt, wenn ich frustriert aus einem Meeting kam, weil wieder einmal keiner richtig zugehört hat und die meisten nur die eigenen Argumente zum Teil aggressiv verteidigt haben. Ich war wütend und verwirrt. Wird sich das je ändern? Damals stellte ich auch fest, dass in den Meetings einige Frauen versucht hatten, zu vermitteln, einige Männer aber noch aggressiver ihre Standpunkte vertreten haben. Aber weder die Vermittlungsversuche noch die heftige Argumentation haben die Diskussion zu tragbaren Ergebnissen und durchsetzbaren Entscheidungen geführt.
Ja, es ist komplex. Viele verschiedene Motivationen, Perspektiven und teilweise unreflektierte Verhaltensweisen kommen in einer solchen Situation zum Tragen. Konflikte wird es immer geben, aber ich habe gelernt, dass es einen großen Unterschied macht, wie wir damit umgehen und darauf reagierten. Hier einige Fragen, die mir geholfen haben:
- Kann ich zwischen dem Inhalt (Gegenstand der Auseinandersetzung) und meiner Person unterscheiden? Wenn Unvereinbarkeit besteht, nehme ich es als einen Angriff auf meine Person wahr? Oder kann ich sachlich bei den Argumenten bleiben?
- Gelingt es mir, meine Emotionen wahrzunehmen, sie zuzulassen, aber gleichzeitig nicht blind für die tatsächliche Situation zu sein?
- Schaffe ich es, nicht ausfallend und aggressiv, sondern bedacht, offen und interessiert zu bleiben?
- Höre ich genau hin, um eine kreativen Lösung zu finden oder suche ich nur nach einer Schwachstelle in der Argumentation der anderen, um meinen Standpunkt zu untermauern?
Wenn sich Teammitglieder in ihrem Denken und Handeln diese Fragen lebendig stellen würden, wie könnte dies Konfliktsituationen beeinflussen? In Teams zu arbeiten, in denen alle an einer gemeinsamen Lösung interessiert sind und zugleich auch unterschiedliche Standpunkte vertreten können, ist wunderbar – scheint aber manchmal utopisch. In solch einer Teamatmosphäre öffnet sich der Raum für neue Möglichkeiten, Ideen, Innovationen und Lösungsansätze, der durch eine „kreative Reibung“ ermöglicht wird. Die Mitglieder des Teams sehen sich nicht als Konkurrenten, die um die knappen Mittel im Unternehmen kämpfen, sondern als Teil eines Ganzen, zu deren Erfolg jeder/jede beiträgt und sein/ihr Wissen und seine/ihre Sichtweise einbringt. Zu schön, um wahr zu sein? Ich habe es erlebt und erlebe es immer wieder in der Arbeit mit meinen Kunden.
Damit eine solche Zusammenarbeit und ein anderer Umgang mit Konflikten möglich werden, ist eine Veränderung der Teamkultur und der Unternehmenskultur notwendig. Das geht natürlich nicht von heute auf morgen, aber es gibt eine Richtung, in die wir gehen können. Hier einige Wegweiser, die ich als hilfreich empfinde:
- Der/die Unternehmer/in oder Geschäftsführer/in muss mit gutem Beispiel vorangehen und diese Verhaltensweisen vorleben und fördern.
- Gemeinsame Ziele im Unternehmen müssen klar definiert werden. Sie schaffen den Kontext, in dem Konflikte gesehen und gelöst werden können. Werte und Visionen sind hier an erster Stelle zu sehen, aber auch langfristige Strategien können zur Ausrichtung der Teammitglieder beitragen.
- Es muss allen Mitarbeitern klar sein, dass diese Ziele nur gemeinsam erreicht werden können und Einzelkämpfer nicht erfolgreich sein werden.
Wie gehen Sie mit Konflikten um? Haben Sie schon in Teams gearbeitet, in denen die unterschiedlichen Standpunkte und Sichtweisen nicht zu aggressivem Verhalten, sondern zu kreativer Auseinandersetzung geführt haben? Was wurde dadurch ermöglicht?
Interessante Links:
Führen Frauen anders? 3. Teil – 5 Aspekte, die für Frauen in Führungspositionen wichtig sind.
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