Vor ein paar Tagen hatte ich Gelegenheit, an einer ausgesprochen spannenden und inspirierenden Unternehmerklausur in den Mauern des alten Augustinerklosters in Hillesheim teilzunehmen. Thema der Veranstaltung, zu der Hans Peter Pick eingeladen hatte, war: „Unternehmen und Familie – Modell für die Zukunft?“. Der Unternehmer Joachim Loh, Geschäftsführer in zweiter Generation der Rudolf Loh GmbH & Co. KG (HAILO), sprach darüber, wie er die Unternehmensgruppe mit Werten zu beeindruckendem Wachstum und Erfolg geführt hat.
Zuerst einmal war es Herrn Loh wichtig, die Dynamik von Familienunternehmen herauszuarbeiten, also von sozialen Systemen, die aus Familie und Unternehmen bestehen. Beide Einheiten funktionieren nach verschiedenen „Sinnhorizonten“: Zahlen, Daten, Fakten bestimmen das Denken im Unternehmen, während in Familien Beziehungen, Verständnis und Vertrauen im Vordergrund stehen. Bringt man nun diese unterschiedlichen Perspektiven in einem Familienunternehmen zusammen, so ergibt sich daraus eine spezielle Dynamik, die Familienunternehmen deutlich von reinen Kapitalgesellschaften unterscheidet.
Herr Loh verwies auf die 10 Wittener Thesen, die von der Privatuniversität Witten Herdecke zusammengestellt wurden und sehr transparent die Chancen und Risiken von Familienunternehmen auflisten. Auf fünf davon möchte ich näher eingehen, weil sie die Werteübertragung von der Familie auf das Unternehmen und damit die besondere Art der Führung deutlich machen.
„Familienunternehmen sind:
- Anders – weil der bestimmende Einfluss aus der Familie kommt und nicht aus der Unternehmensgröße.
- Erfolgreicher – weil sie eine Familie an ihrer Seite haben! Vertrauen, Bindung und Loyalität bieten dem Familienunternehmen enorme Wettbewerbsvorteile, wenn es gelingt, die Familie als Ressource im Dienste des Unternehmens zu nutzen. Im Zweifelsfall gilt: „Das Unternehmen geht vor!“
- Gefährdeter – weil sie eine Familie an ihrer Seite haben! Familienstreitigkeiten, Vertrauensverlust, enttäuschte Bindungen und Gefühle verratener Loyalität können dramatisch auf das Unternehmen durchschlagen, das Unternehmen kann zum Opfer von Stammeskriegen werden. Die Gleichzeitigkeit der Mitgliedschaft in der Familie und im Unternehmen setzt die Beteiligten einem Spannungsfeld aus, das von Widersprüchen gekennzeichnet ist und sie so verletzlich macht.
- Langfristiger orientiert – weil Sie (länger) an ihren Gründungsmythen festhalten, an bewährten Geschäftsprinzipien, gewachsenen Kunden- und Lieferantenbeziehungen und vor allen an ihren Mitarbeitern, was sich positiv auf die Entwicklung von Kernkompetenzen und Vertrauensressourcen auswirkt. Dieses Festhalten kann es zugleich schwerer machen, flexibel auf neue Anforderungen zu reagieren.
- Familiärer – weil sie familiäre Beziehungsmuster auf Führungskräfte und Mitarbeiter übertragen. So erfährt deren Tätigkeit eine höhere Sinnstiftung, auch die Identifikation mit dem Unternehmen wird gesteigert: Man gehört dazu! Von diesen „emotionalen Zusatzausschüttungen“ profitieren Unternehmen wie Mitarbeiter.“
Der Hailo Chef steht klar zu seinen christlichen Werten, für das „von der Bibel geprägte und positive Leitbild von Ehe und Familie, die lebenslange, auf Treue festgelegte eheliche Gemeinschaft mit dem Ziel, Kinder zu bekommen und aufzuziehen.“ Ehrlichkeit ist für ihn wichtig, und die fordert er auch von seinen Mitarbeitern. Genauso nimmt er sich die Freiheit, Zeichen zu setzen, als die Politik mit den Kitaregelungen hadert: er hat kurzerhand allen Familien in seinem Unternehmen mit drei oder mehr Kindern zusätzlich 100 Euro pro Kind monatlich in die Lohntüte gesteckt. Um die Kultur in seinem Unternehmen zu schützen, hat er sich nicht gescheut, brillante Mitarbeiter gehen zu lassen, wenn sie nicht „passten“. Gleichzeitig spürte man aus seinen Erzählungen immer wieder die hohe Wertschätzung allen Mitarbeitern gegenüber, die seine Führung geprägt hat.
In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, wie stark seine Werte ihn verankert haben und wie sehr sie ihn – auch in schwierigen Zeiten – geleitet haben. Sein Glaube an etwas Höheres und an das Gute im Menschen bestimmen ihn stärker als das Profitstreben des Unternehmers. Machen sie ihn gerade deshalb so erfolgreich?!
Dass Familienunternehmen erfolgreicher wirtschaften als Unternehmen in den Händen anonymer Aktionäre, geführt von Managern, die nur von Quartalsbericht zu Quartalsbericht denken, zeigen die Vergleichszahlen aus verschiedenen Untersuchungen. Danach haben die 50 größten familiengeführten Unternehmen Deutschlands in den 15 Jahren von 1990 bis 2004 ein um durchschnittlich 6,8% besseres Ergebnis geliefert als die Summe der Firmen des DAX! Welche Branche sorgt seit Jahren für den vorbildlichen Ruf des deutschen Mittelstandes? Der Maschinenbau, der zu 80% aus familiengeführten Unternehmen besteht.
Joachim Loh, der sein Unternehmen mittlerweile an seinen Sohn übergeben hat, ist einer von vielen erfolgreichen und inspirierenden Familienunternehmern in Deutschland, für den wertebestimmte Führung selbstverständlich ist.
Mit welchen Werten führen Sie?