Zu Anfang eines neuen Jahres, wenn die Kraft der guten Vorsätze noch spürbar ist, sollte sich jeder Chef vor Augen führen, welchen Einfluss er/sie auf die Mitarbeiter hat – ob er es will oder nicht und ob er sich dessen bewusst ist oder nicht.
Die Gallup Studie 3/12 machte mehr als deutlich, dass an dieser Stelle große Potenziale schlummern: Nach den Gallup-Hochrechnungen beziffert sich der mögliche Gewinn für Unternehmen durch bessere Führung auf 112 bis 138 Milliarden Euro.
Wie kommt Gallup zu solchen Ergebnissen, werden Sie sich zu Recht fragen? Seit vielen Jahren misst man in speziellen Umfragen den sogenannten Engagement Index, der die Bindung der Mitarbeiter an den Arbeitgeber misst und teilt die Mitarbeiter in drei Gruppen ein: die, die zwar noch „auf der Payroll sind“, aber innerlich quasi schon gekündigt haben, die, die regelmäßig zur Arbeit kommen und die, die sich emotional an den Arbeitgeber gebunden fühlen und mit Leib und Seele bei der Arbeit sind. Entsprechend der Unterschiede in z.B. Innovationsfreudigkeit oder Anzahl Fehltage in den drei Gruppen wurden Hochrechnungen für die Summe aller Arbeitnehmer und Unternehmen gemacht, die nachvollziehbar zu obigem Ergebnis führen.
Für 2012 hat sich nach telefonischen Interviews mit 2198 Arbeitnehmern konkret folgendes Bild ergeben:
- 61% der Deutschen machen Dienst nach Vorschrift (≙ geringe Bindung),
- (24%) der Beschäftigten hat innerlich bereits gekündigt (≙ keine Bindung) und nur
- 15% der Mitarbeiter haben eine so hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber, dass Sie sich „freiwillig“ für dessen Ziele einzusetzen (≙ hohe Bindung).
„Die Folgen mangelnder Mitarbeiterbindung für die Leistungsfähigkeit der Unternehmen sind erheblich“, sagt Marco Nink, Strategic Consultant bei Gallup, „wer sich emotional nicht an sein Unternehmen gebunden fühlt, zeigt weniger Eigeninitiative, Leistungsbereitschaft und Verantwortungsbewusstsein – und ist häufiger krank.“
Wie der fundierten Auswertung zu entnehmen ist, verbuchten Beschäftigte ohne emotionale Bindung in 2012 im Schnitt 76% (≙ 3,1 Fehltage) mehr Fehltage als emotional hoch gebundene Mitarbeiter, wodurch der deutschen Wirtschaft jährlich Kosten in Höhe von 18,3 Milliarden Euro entstehen.
Was liest sich nun aus einer Statistik, die man nicht selbst gefälscht hat? Wichtig erscheinen mir zwei Trends:
- Zum einen ist der Zahl der hochmotivierten Mitarbeiter seit Jahren quasi konstant und liegt bei NUR 13,3% (mit statistisch zu erwartenden Schwankungen).
- Zum anderen sieht es so aus, dass die, die bereits innerlich gekündigt haben, gute Aquise bei den Dienst-nach-Vorschrift-Machenden betreiben. Denn die Gruppe derer, die innerlich gekündigt haben, wächst kontinuierlich!?!
Beide Trends sollten jeder Führungskraft und besonders jedem Geschäftsführer und Unternehmer zu denken geben. Wie sehen diese Prozentzahlen in meinem Unternehmen aus und was tue ich, um den Prozentanteil meiner Mitarbeiter ohne Bindung zu verringern und den derer mit hoher Bindung zu vergrößern?
Nach der Gallup-Studie lassen sich die Ursachen für geringe emotionale Mitarbeiterbindung in der Regel auf Defizite in der Personalführung zurückführen. „Viele Arbeitnehmer steigen hoch motiviert in ein Unternehmen ein, werden dann aber zunehmend desillusioniert, verabschieden sich irgendwann ganz aus dem Unternehmen und kündigen innerlich. Die Hauptrolle in diesem Prozess spielt fast immer der direkte Vorgesetzte.“
Der große Einfluss guter oder schlechter Führung wird in der Studie deutlich, besonders beim Thema Innovationskultur ist er unübersehbar: So stimmen nur 9% der emotional nicht gebundenen Mitarbeiter der Aussage uneingeschränkt zu, dass ihr Vorgesetzter für neue Ideen und Vorschläge offen ist – in der Gruppe der emotional hoch Gebundenen sind es 85%. „Wer mit seinen Ideen regelmäßig auf taube Ohren stößt, resigniert irgendwann, zieht sich zurück und bringt sich nicht mehr ein“, warnt Experte Marco Nink, „nur wenn die Führungskraft für die Mitarbeiter erreichbar ist, sich Zeit nimmt und eine vertrauensvolle Umgebung schafft, können aus Ideen wirkliche Innovationen entstehen“.
Allgemeiner formuliert belegt diese Studie sehr eindringlich, dass die sogenannten weichen Faktoren durchaus harte Realitäten schaffen, wie die folgende Grafik übersichtlich darstellt:
„Die Unternehmen müssen sich dringend um mehr Mitarbeiterbindung kümmern – bei allen Beschäftigtengruppen“, warnt Gallup-Studienleiter Nink, „sonst droht auf breiter Linie ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit“. Sein Fazit: „Unternehmen dürfen ihr Humankapital nicht vernachlässigen und müssen dem Führungsverhalten größere Bedeutung beimessen.“
Ist es für einen Unternehmer nicht inspirierend zu hören, dass nur durch bessere Führung die „Blindleistung“ in deutschen Firmen um 112 bis 138 Milliarden Euro reduziert werden kann? Zugegebenermaßen keine ganz so leichte Aufgabe, da man bei sich selber anfangen muss. Aber wird sie deshalb nicht umso befriedigender? Eine Verbesserung in dieser Richtung wirkt sich garantiert für ALLE Beteiligten positiv aus – fast zu gut, um wahr zu sein.
Also, worauf warten Sie noch?!
Ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Erfolg in 2014!
P.S.: Die Präsentation ist kostenfrei bei Gallup als PDF verfügbar. Die entsprechende Pressemitteilung, aus der zitiert wurde, finden Sie hier.
Welt-online hat ebenfalls über die Studie berichtet und ist umfangreicher auf den Unterschied im Engagement Index zwischen „Baby Boomern“ und „Gen-Y“ eingegangen. Diesen Artikel finden Sie hier.
2 Kommentare