Mit fast 50 interessiert es mich plötzlich, wie es sich anfühlt, älter zu werden. Vor kurzem arbeitete ich zwei Tage mit einem 6-köpfigen Führungsteam eines mittelständischen Unternehmens und machte eine interessante Erfahrung: Man wird älter, wenn man die nachfolgende Generation nicht mehr so richtig versteht und feststellt, dass die eigenen Bewertungskriterien verstaubt sind.
Im Führungsteam gab es einen jungen Mann Mitte Zwanzig, der im Durchschnitt 20 Jahre jünger war als der Rest der Mannschaft. Seine ganz andere Art stach heraus und hatte mich auf befremdliche Weise so gefesselt, dass ich herausfinden wollte, wie diese junge Generation tickt und wie sie unsere Zukunft verändern wird.
In ihrem Buch „Glück schlägt Geld. Generation Y: Was wir wirklich wollen“ räumt Kerstin Bund mit vielen Klischees auf, die einige meiner eigenen Vorurteile prägten. Auf den ersten Blick wirken die jungen Menschen zwischen 18 und 33 verwöhnt, selbstverliebt und überheblich. Für viele Personalchefs sind sie ein Alptraum. Man hält Sie für Freizeitoptimierer, die, anstatt an ihrer Karriere zu arbeiten, lieber pünktlich Feierabend machen oder sich gleich ins Sabbatical verabschieden.
Aber ist die am besten ausgebildete, internationalste und vielsprachigste Generation wirklich die Generation „Weichei“, als die sie manche Medien verspotten?
Während des Workshops mit dem 6-köpfigen Führungsteam gab es ein heikles Thema, das von allen vermieden wurde. Zu meiner Bewunderung hatte gerade der jüngste das stärkste Bedürfnis, dieses Thema anzusprechen und auf Augenhöhe zu diskutieren. Er war auch derjenige, der sofort bereit war, seine persönliche Meinung offenzulegen. Und nicht zuletzt war er auch derjenige, der seine eigene Betrachtung in Frage stellte und dadurch eine integrierte Sichtweise des gesamten Teams ermöglichte.
Was mir vorher oft als verwöhnt, selbstverliebt und überheblich erschien, erlebte ich als engagiert und direkt und gleichzeitig einfühlsam und flexibel. Ich sah in diesem jungen Mann die natürliche Fähigkeit, sich partnerschaftlich einzubringen, miteinander zu lernen und gemeinsame Lösungen zu entwickeln.
In vielen Unternehmen herrscht noch immer eine andere Realität: Wie aus dem jüngsten „Engagement Index“ des Beratungsunternehmens Gallup hervorgeht, hat jeder vierte Beschäftigte in Deutschland innerlich gekündigt und 61% machen Dienst nach Vorschrift. (siehe auch Blogeintrag vom 08.01.2014)
Die neuen Arbeitskräfte sind anders – und das ist gut so. Sie leben und denken in Netzwerken statt in Institutionen. Sinn zählt für sie mehr als Status, und den suchen sie in allen Lebensbereichen. In ihrer Welt ist alles möglich und nichts von Dauer. Veränderung ist ihr Lebenselexier. Sie wollen Dinge anders tun und managen. Vor allem aber wollen Sie anders führen und geführt werden. Und das ist durchaus eine gewaltige Revolution unserer Arbeitswelt und eine gute Nachricht nicht nur für Personalchefs.