„Auf dem Werteindex der Deutschen fiel die Bedeutung des Erfolgs zwischen 2009 und 2012 von Platz zwei auf Platz sechs. Im gleichen Zeitraum stieg der Wert der Gemeinschaft von Platz zehn auf Platz vier.“ So zu lesen in einem ZEIT Artikel über Ethik in Unternehmen. Dieser Sinneswandel hat angeblich auch Hochkonjunktur bei deutschen Firmenchefs. Wenn man dem Werteindex traut, wäre diese Entwicklung nicht nur als eine taktische Reaktion der Konzerne auf die zahlreichen Wirtschaftsskandale und Affären zu erklären. Es wäre ein durchaus positiver Trend in unserer Gesellschaft.
Was mich in diesem Zusammenhang noch mehr überraschte, ist die Tatsache, dass vor allem Kirchenmänner als Berater in Sachen Ethik und Moral auf Führungsetagen gefragt sind. Wie kann das sein? Hat nicht gerade die Institution Kirche arge Probleme mit der Integrität ihrer Glaubensführer? Trotzdem stimmt mich diese Entwicklung positiv, denn sie zeigt das Bedürfnis weltlicher Führungskräfte nach Sinnhaftigkeit und nach dem Wesentlichen, das unsere menschliche Existenz ausmacht.
Wenn ich Firmeninhaber oder Geschäftsführer nach ihren Führungsgrundsätzen und Unternehmenswerten frage, sind ihre Antworten oft vage. Am Anfang hat mich das irritiert. Dann habe ich erkannt, dass es gar nicht möglich ist, grundlegende menschliche Handlungsmaßstäbe zu definieren, wenn die Frage nach dem Wesentlichen in Bezug auf unser persönliches Leben nie gestellt wurde. Ethisches Verhalten beginnt mit dem Nachsinnen über uns selbst und die eigenen Motive.
Die gute Nachricht ist, dass vor allem Menschen, die auf der Karriereleiter ganz oben angekommen sind, die alles erreicht haben, Fragen der Metaphysik und der Meditation aufgeschlossener gegenüber stehen. Ihre Führungsposition zwingt sie dazu, sich mit dem Chaos im eigenen Inneren auseinanderzusetzen. Wie tiefgründig sie das tun, bestimmt letztendlich die Wertekultur in ihren Unternehmen.
Der frühere Puma-Chef Jochen Zeitz – einst Deutschlands jüngster Vorstandsvorsitzender eines börsennotierten Unternehmens – ist jetzt 50 und sagt, es sei „Aufgabe eines Managers, seine Position mit der größtmöglichen Ein- und Umsicht auszuüben, so dass er für Ausgewogenheit und Inspiration am Arbeitsplatz sorgen kann, egal, ob er sich dabei auf die Lehren der Bibel, der Thora, des Korans oder anderer heiliger und weiser Bücher stützt.“
Die Frage lohnt sich also: Was sind ihre tiefsten Werte und wie würde das Unternehmen aussehen, das Sie führen?
P.S.: Den ZEIT Artikel „Die Moralapostel“, aus dem zitiert wurde, finden Sie hier.